Geschichte

Die Gestrandete

Ausgangssituation
Großstadtleben im 21. Jahrhundert: Inmitten der dicht besiedelten Megalopolis herrscht ein Gefühl von Fremdheit. Abhilfe verspricht die Flucht in den virtuellen Raum: Soziale Netzwerke vermitteln die ersehnte Verbundenheit, Computerspiele und Simulationen wie „Second Life“ ermöglichen Interaktionen, die im „realen“ Leben kaum denkbar erscheinen. Doch was geschieht, wenn wir technisch  perfekt kreierte virtuelle Welten als Realität erleben und der reale, soziale Raum dagegen verblasst? Wenn wir unsere Umwelt selber gestalten können und technisch das auszublenden im Stande sind, was uns missfällt? Ergeben sich neue Chancen zwischenmenschlicher Beziehungen oder vertieft sich die Kluft zwischen einander? GRID ist der Versuch, diese Fragen mit den Mitteln des Musiktheaters und unter Einbindung neuester Technologien auf die Bühne zu bringen.


Die Handlung
Erzählt wird die Geschichte dreier Menschen, die auf unterschiedliche Weise mit Lebenssituation in der Großstadt und den Sirenengesängen virtueller Welten umgehen. Schauplatz ist die imaginäre Stadt „B“ mit ihren 3,7 Millionen 3,7 Millionen Möglichkeiten der Verknüpfung, aber auch ebenso Möglichkeiten der Vereinsamung. 


Die Gestrandete lebt seit einem Jahr in dieser Stadt. Ursprünglich war sie nicht gekommen, um zu bleiben: Ihr Ziel war es, weiter zu reisen. Doch ihre Pläne  scheiterten. Noch immer stehen ihre Koffer unausgepackt an der Tür. Aber morgen geht sie! Wonach sie sich sehnt ist menschliche Nähe. Doch die scheint nur online generierbar und ein Trugbild zu sein. Aus Verbitterung über ihre Einsamkeit hat sie eine eigene Schimpfsprache entwickelt und lässt Tiraden gegen die Stadt los.


Der Neuanfänger ist voller Energie und Lebensmut. Virtuos spielt er auf der Klaviatur digitaler Medien und bewegt sich souverän sowohl im virtuellen Raum als auch draußen in der Stadt. Er ist jung. Er ist schön. Und er lacht. Während einer zufälligen Begegnung mit der Gestrandeten nimmt er sich vor, das schimpfende Mädchen „zur Liebe zu sich selbst zu verführen“, bevor sie geht.  


Der Briefschreiber ist Hikikomori und lebt vollständig zurückgezogen in der Isolation. In einem fensterlosen Zimmer wartet er auf eine imaginierte Geliebte und beschreibt ihr die Stadt in Briefen aus seiner „Sicht“: was er riecht, hört, imaginiert, vermutet. Was er nicht vermutet ist, dass seine Gedanken Einfluss haben auf die Stadt und ihre Einwohner...


Als es in der Stadt brennt, begegnen sich die drei Charaktere auf dem Dach ihres Hauses. „Was wäre, wenn...?“ wird zur zentralen Frage: „Was, wenn wir die Brandstifter wären? Was würden wir brennen lassen? Was, wenn wir noch einmal neu anfangen könnten?“ Doch es bleibt nicht bei den Fragen: Das, was die Charaktere sich wünschen, erfüllt sich vor ihren Augen. Ihre Utopien werden visualisiert, die Stadt wird zur Projektionsfläche. Noch nie hat die Silhouette einer Stadt so bunt, so skurril ausgesehen...

Korneel Hamers, Autor und Regisseur